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Madagaskar: Tamatave und die Zyklon-Gefahren

Madagaskar: Tamatave und die Zyklon-Gefahren

Da Madagaskar eine grosse Insel im Indischen Ozean ist wird sie jedes Jahr von Wirbelstürmen bedroht. Die am stärksten betroffenen Gebiete sind der Norden Madagaskars und die Ostküste, wo sich auch Tamatave befindet. Die Menschen, die in Tamatave leben, bereiten sich immer auf das Schlimmste vor, wenn bekannt wird, dass sich im westlichen Indischen Ozean ein Zyklon bildet.

Madagaskar: Tamatave und die Zyklon-Gefahren
Die Zyklonsaison dauert vom Januar bis in den Mai, und man weiss nie lange im Voraus, wann sie “angreifen“. Manchmal wird Madagaskar im Laufe eines Jahres zwei- oder dreimal von Zyklonen getroffen, und einer von ihnen zieht dann mit grosser Wahrscheinlichkeit über Tamatave. Die Region um Tamatave (Toamasina) liegt auf Meereshöhe und kann daher sehr leicht überschwemmt werden wenn heftige Regenfälle über Stunden fallen. Auch wenn die Bewohner über die Gefahren eines aufziehenden Zyklons gut informiert und auch mobilisiert wurden und sie glauben, gut vorbereitet zu sein, ist Tamatave nach dem Durchzug eines Wirbelsturms oft zerstört. Überall gibt es sind Schäden, die Hälfte der Einwohner ist betroffen; fast alle Häuser sind beschädigt, besonders die Holzhäuser der Bewohner im unteren Bezirk. Gebäude, Infrastrukturen sind reparaturbedürftig, und oft ist ein ganzer Bezirk völlig überflutet.

Madagaskar: Tamatave und die Zyklon-Gefahren
Vor einigen Jahren wütete ein Zyklon an der Ostküste Madagaskars, ich und meine Familie gehörten zu den Opfern, es war nicht das erste Mal, dass wir diese Situation erlebten. Es war eine schlimme Erfahrung, denn wir verloren in wenigen Minuten alles was wir hatten, unser Haus wurde zerstört, all unsere Geräte und unsere Ernte wurden während dieses Wirbelsturms ruiniert. Glücklicherweise zogen wir in eine Schule um, als die Medien den Hurrikan-Alarm ankündigten, denn dies war der einzige sichere Ort, an dem wir während dieser Katastrophe Schutz finden konnten. Es war nicht leicht, in einer solchen Situation zu leben, wir mussten unser Haus nur mit unseren Händen wieder aufbauen, und nach einem Zyklon ist es immer schwierig, Nahrungsmittel zu finden. Und selbst wenn man Nahrung findet, ist sie sehr teuer. Wir erhielten zwar Unterstützung von der Regierung, aber das reichte nicht aus. Und diese Hilfe ist ja nur vorübergehend, also mussten wir mit dem leben, was wir hatten.

Madagaskar: Tamatave und die Zyklon-Gefahren
Kurz gesagt, es ist gar nicht so einfach, in einem tropischen Land zu leben, besonders wenn man an der Küste lebt, denn man kann jederzeit mit Naturkatastrophen wie Überschwemmungen oder Zyklonen konfrontiert werden.

Françoise / 17. Juli 2020

Madagaskar: Der Nationalfeiertag und ich

Madagaskar: Der Nationalfeiertag und ich

Der 26. Juni ist ein historisches Datum für das gesamte madagassische Volk, es ist die Feier des Unabhängigkeitstages, er wird auch Kindertag genannt. Am Nationalfeiertag an dem alle feiern ist alles erlaubt. Wir sehen fast alle Arten von Festen mit Tänzen und Lieder, immer steht die madagassische Kultur im Mittelpunkt. Am Vorabend des Festes findet der Laternenkarneval statt, und das ist für alle, vor allem für die Kinder, der grösste Spass.

Madagaskar: Der Nationalfeiertag und ich
In diesem Jahr konnte ich wegen der Pandemie nicht wie jedes Jahr den Nationalfeiertag feiern, weil während dieser Gesundheitskrise alle Arten von Feierlichkeiten verboten waren. Ich war bei meiner Familie auf dem Land. Es war sehr schön für mich, bei meiner Familie zu sein, auch wenn es keine Feierlichkeiten gab. Doch jeder tat sein Bestes, um diesen Tag zu etwas Besonderem zu machen, auch wenn er nicht wie üblich war. Meine Familie und ich assen mit unseren Nachbarn. Während eines solchen Festes bereiten die Jungen in der Familie die Mahlzeiten zu, während die Älteren warten und miteinander reden. Es war kein grosses Fest, es gab nur ein paar kleine Dinge zu essen und zu trinken. Auch wenn es kein grosses Festmahl war, aber wir teilten und das war die Hauptsache. Teilen stärkt unsere Solidarität und unsere Freundschaft als Nachbarn.

Auf dem Land sind Solidarität und Respekt immer noch sehr stark ausgeprägt, so dass an den Nachmittagen von allen Festtagen die “Alten“ des Dorfes besucht werden, um sie um ihren Segen zu bitten. Aus Respekt überreichen wir ihnen Geschenke wie alkoholische oder nicht alkoholische Getränke und/oder einen Hahn. Dies ist eine Möglichkeit, ihnen unseren Respekt zu erweisen und auch die Solidarität zwischen den Familien des Dorfes zu stärken. Also ging ich am Nachmittag des Nationalfeiertags zu einigen Freunden, um ihre Eltern zu begrüssen und ihnen Getränke zu bringen. Und dann am Abend, als wir eigentlich Laternenkarneval machen sollten, sahen wir uns mit der ganzen Familie und unseren Nachbarn einen Film auf meinem Computer an.

Madagaskar: Der Nationalfeiertag und ich
Es war wirklich schön an diesem Tag, obwohl er nicht richtig gefeiert wurde, ich hatte trotzdem eine gute Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden. Ich freute mich, die glücklichen Gesichter der Dorfbewohner zu sehen. Selbst zwei Tage nach dem Nationalfeiertag feierten einige weiter und besuchten ihre Familien, die weit weg wohnen.

Vielleicht werden die Feierlichkeiten im nächsten Jahr angenehmer sein wenn diese Gesundheitskrise überstanden sein wird.

Françoise / 17. Juli 2020

Als Studentin an einer Universität in Madagaskar

ALS STUDENTIN AN EINER UNIVERSITÄT IN MADAGASKAR

Die junge Studentin Françoise kennen wir seit vielen Jahren. Sie studiert an der Universität in Tamatave / Toamasina und zwar sehr erfolgreich. Aufgewachsen ist sie in einem kleinen Dorf an der Küste des Indischen Ozeans. Wir von der PRIORI unterstützen sie, indem wir ihre Texte bezahlen.


ALS STUDENTIN AN EINER UNIVERSITÄT IN MADAGASKAR

(10. Juni 2020) Nachdem man in Madagaskar das Abitur bestanden hat, ist es an der Zeit, sich zu entscheiden, wo man studieren möchte. Als Abiturient ist man kein Kind mehr, und einmal an einer Uni eingeschrieben zu sein, bedeutet, dass man seine Zukunft gestaltet und zwar mit dem, was man einmal tun wird. In Madagaskar gibt es sechs öffentliche Universitäten wissenschaftlicher, kultureller und beruflicher Art und jedes Jahr schreiben sich mehr als 5000 Studierende an jeder Universität ein.

Warum wenden sich junge Menschen mit einem Bachelor-Abschluss an die Universität? Als öffentliche Einrichtung zieht die Universität Studierende wegen ihrer tieferen Studiengebühren an. Sie sind viel niedriger als die von privaten Einrichtungen. Nur Studierende von reichen Eltern können sich diese leisten. Ein Studierender an der Universität von Madagaskar zu sein, ist nicht einfach, ja, es ist wahr, Universitätskurse sind nicht einfach, aber der materielle Mangel macht sie noch schwieriger, auch wenn die madagassische Regierung Anstrengungen unternimmt, die Situation zu verbessern. Bei der Einschreibung an der Universität muss ein Formular ausgefüllt werden, mit dem man sich um ein Stipendium sowie um eine Unterkunft bewerben kann, wenn man auf dem Universitätscampus wohnen möchte.

ALS STUDENTIN AN EINER UNIVERSITÄT IN MADAGASKAR
In meiner Universität gibt es jedes Jahr mindestens zwei Demonstrationen, wegen der Erhöhung der Preise für das Wohnrecht sowie wegen der verspäteten Zahlung von Stipendien oder dann Demonstrationen von denjenigen, die nicht auf der Stipendienliste stehen, und zu allem Überfluss gibt es die Streiks der Professoren wegen der Nichtzahlung ihrer Forschungsgelder, all das erlebt man, wenn man Student in Madagaskar ist.

Madagaskar könnte gute Hochschulabsolventen haben, wenn der Staat Geld in den Bereich der Hochschulbildung investieren würde, und wenn er Gelder und Material gemäss den Bedürfnissen der Professoren und ihrer Forschungsprojekte sprechen würde. So wären die akademischen Ergebnisse erfreulich. An meiner Universität „Universität von Toamasina“ ist eine Unterkunft für ein akademisches Jahr wirklich zu teuer, es ist doppelt so teuer wie an anderen Universitäten in Madagaskar. In einem 4 m2 grossen Raum sind 4 Studierende untergebracht, aber die Infrastruktur ist schlecht, es gibt keinen Unterhalt und keine Renovationen, weshalb die Studenten jedes Jahr streiken. Jungen und Mädchen werden zum Teil im gleichen Zimmer untergebracht, denn es gibt kein Reglement. Aber schliesslich liegt es an den Studierenden, zu wählen, was gut oder schlecht für sie ist.

Darüber hinaus sind die Stipendien sehr gering, man kann es kaum ein Stipendium nennen, denn das Geld, das wir erhalten, reicht nirgends hin. Und vor allem ist die Zahlung immer sehr spät, meist erst sechs Monate nach Beginn des Schuljahres. Darum ist es nicht verwunderlich, dass den Studenten das Geld ausgeht und sie nicht mehr in den Vorlesungen erscheinen. Die madagassischen Studenten stammen fast alle aus armen Familien, aber sie wollen im Leben kämpfen, um aus der Armut herauszukommen, und sie sind auf das Stipendium angewiesen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Viele Studierende brechen das Studium ab, wenn sie noch nicht einmal das zweite Jahr erreicht haben. Das Leben in der Stadt ist eben gar nicht so einfach, weil alles bezahlt werden muss.

ALS STUDENTIN AN EINER UNIVERSITÄT IN MADAGASKAR
Und noch immer, auch im Jahr 2020 ist die Ausrüstung an der Universität hier in Tamatave / Toamasina nicht ausreichend. Es gibt noch immer kein Internet-Netzwerk an meiner Universität. Wenn man also forschen will, muss man ins Cybercafé gehen, und hier ist die Recherche manchmal nicht einfach, man muss lange dort bleiben oder mehrmals zurückkommen, und wir zahlen den Zugang aus unserer Tasche. Glücklicherweise hat das Bildungsministerium das berühmte „WIFI“ mit „Hochgeschwindigkeitsnetz“ eingerichtet, aber das war nur am Anfang so, denn nach ein paar Monaten lief schon nichts mehr. Es gibt auch nicht genügend Bücher, um zu recherchieren. Wir finden in der Bibliothek keine Werke des jetzigen Jahrhunderts, sondern nur alte Ausgaben von 19-hundert-irgendwann.

Die Bildungssysteme sind jedoch recht gut, und auch die Didaktik, die die Professoren anwenden, ist wirklich interessant, weil sie die Studenten dazu drängt, zu forschen und ein vielseitiger und guter Organisator zu sein.

Kurz gesagt, um ein Studierender an der Universität von Madagaskar zu sein, muss man autonom sein und eine gute Disziplin und Lebendigkeit haben, sonst wählt man die Option „Verzicht“, denn der Erfolg hängt nur von einem selbst ab. Schwierigkeiten überwinden, stets das Ziel im Auge behalten, das ist das Wichtigste, das ich gelernt habe.

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